Die Geschichte der Filmtricks (Outline)

1) Die Anfänge der Kamera und VFX
1.1) camera obscura, laterna magica und die Entwicklung der Filmkamera
1.2) Phantasmagorien (Live-Action Einblendung bei "Pepper´s Ghost, sonst Projektion von Standbildern) , klassische Theatertricks (pyrotechnik, masken & mechanik, z.B. bei "Samson und Deliah")

2) Die ersten Filmtricks
2.1.1) Doppelbelichtungen (nur prominente Szenen aus "Trip to the Moon" erwähnen)
2.1.2) Vorsatzelemente (z.B. Aquarium in "20.000 Meilen")
2.1.3) Bühnenbau (Melies´ eiserner Riese u.a.)

3.) Die Meilensteine der Filmtricks - stumm und schwarz-weiss

3.1) In-Kamera-Tricks
Mehrfachbelichtungen und Kaschieren von Bildteilen
1903 Seegers Doppelgänger "Der Student von Prag", Porters "Eisenbahnraub
1924 Langs "Nibelungen"-Tarnkappen-Effekt (einfaches fade-in)

Filter-Effekte - Nachtaufnahmen am hellichten Tag

3.3) Stop-Motion
1917 Gertie - der erste Saurier (Zeichentrick)
1925 "Lost World" - erste Saurier mit Live-Action kombiniert
1927 "Metropolis"-Stadtszenen (mehrere Miniatur-Ebenen mit Fahrzeugen, mehrfachbelichtet UND stop-motion-animiert)
1933 "King Kong" (King Kong bewegt sich durch Modelle, Glasmalerei und Live-Action)

3.4) Masken und Makeup
1913-1930 Lon Chaney, "man of a thousand faces"-Quasimodo,Vampir,Werwolf,Phantom der Oper u.a.
1919 Wienes "Kabinett des Dr.Caligari"
1920 Wegeners "Der Golem-und wie er in die Welt kam" (Wegeners one-man-show)
1922 Murnaus "Nosferatu-Symphonie des Grauens" (Max Schreck)
1925 "Lost World" Cecil Holland-ersted full-body-makeup
1927 "Metropolis" Maschinen-Maria
1928 Bunuels/Dalis "Der Andalusische Hund": Rasierklinge fährt in ein Auge
1931 "Frankenstein" Boris Karloff
1931 Mamoulians "Jekyll & Hyde"-Frederic Marchs Verwandlung in Schnitt und Überblendung
1939 "Der Glöckner von Notre Dame"-Perc Westmores & Charles Laughtons Quasimodo
1955 "Godzilla" - Man-In-Suit für preiswerte Saurier-Effekte

3.5) Mechanische Tricks und Set-Bau

3.5.1.) 1924: Der Drache aus Langs "Die Nibelungen"-das erste Animatronic
3.5.2.) bewegliche Sets (sg. Rocker Units): z.B. 1950 "Royal Wedding"-Fred Astaire tanzt die Wand hoch
Sonderfall Set-Bau: 1919 Wienes "Kabinett des Dr.Caligari"-Hintergründe als expressionistisches Kunstwerk
Studiotricks wie Rückprojektionen, Frontprojektionen
Mock-Ups: Mauer aus "King Kong", Haus aus "Psycho"

3.6) Miniaturtricks
3.6.1) Dioramen
1927 Langs "Metropolis" - forced perspective für Stadtszenen

3.6.2) Modellbau
1926 "Ben Hur" Vorsatzmodelle als Set-Erweiterung

3.6.3) Miniatur-Pyotechnik
 

3.7) Zeichentrick-Effekte

3.8) Glass-Shots und Matte-Paintings
Glass-Shots: On-Set Erweiterung, Kamera filmt durch Glasscheibe hindurch
Matte-Paintings: Bild wird als Ergänzung oder Korrektur anhand einer Rückpro gemalt, dann in den Film kopiert. Dazu wird die Originalaufnahme entweder mit einem Glass-Shot oder im optischen Kopierer kaschiert

3.9) Masken-Der Schlüssel zum Compositing
1924 Schüfftan-Vefahren:  Ein vor der Kamera positionierter Spiegel zeigt ein Modell, die Aussparung für die Live-Action wird ausgekratzt

Rotoscoping: Masken werden gekinoxt, d.h. per Hand gezeichnet und dann wie im Zeichentrickfilm animiert

1927 Williams-Verfahren: Silbernitrat als Kontrastverstärker ermöglicht das Einkopieren von im Studio gefilmten Darstellern in Archivmaterial.
Im Prinzip wurde die gleiche Technik für Farbfilme benutzt, anfangs identisch, später allerdings mit farbsepariertem Film: Dazu wurde der Film mittels Farbfilter in Rot-, Grün- und Blauanteile zerlegt, und der geeignetste Anteil dann entsprechend behandelt. Blau ist meist am besten geeignet, da die Hautfarbe ein rot/gelb-Gemisch ist.
 

grösser, bunter, besser...Farbfilme auf dem Weg zu tricktechnischer Perfektion

 

1954 König der Animatronics: 40 Leute bedienen den Tintenfisch aus "20.000 Meilen unter dem Meer"
1963 "Jason and the Argonauts" Stop-Motion-Skelette kämpfen mit Rückpro-Schauspielern
1968 Masken: Die Affenkostüme in 2001 konnten echte Affenbabys säugen (!)
1972 "Westworld" erster Computer-3D-Effekt: ein rotierender Wireframe
1975 Kubricks "Barry Lyndon" - erste echte Kerzenbeleuchtung
1976 Matthew Yurich bekommt den Oscar für das "entspiegeln" eines Hochhauses in "Logan´s Run" (Matte-Painting)
1977 "Close Encounter with a third kind" - erstes (nur halb-automatisierte) Motion Tracking
1979 Spielbergs "1941":mechanische Effekte in Perfektion und rohen Mengen
1979 "Alien" echte Laser-Effekte
1979 "The Black Hole" - erste computergesteuerte Kamera, um 7 Realszenen mit einem matte-painting zu verbinden
1981 "Clash of the Titans": Ray Harryhausen haucht der Stop-Motion-Medusa Leben ein
1981 "Dragonslayer":Go Motion bring Motion-Blur in den Drachen
1981 "Wolfen": Wolf-Subjektive in der Grosstadt, elektronische Verfremdung
1982 ein ganzer Film in Puppentrick: "Der Dunkle Kristall"
1987 "Predator". Red Suit, handgezeichnete Masken und mehrere Linsen erzeugen einen Tarnanzug

Moderne Studiotechnik:
Motion-Control Kameras, ultra-violett- oder infrarot-Masken, Computer als allround-Instrument zum rendern, painten, maskieren, composen u.a.

 

 

Referat: Entwicklung der Filmtricks

1) Die Entwicklung der Kamera und optischen Tricks

Das Prinzip hinter der Camera Obscura wurde bereits 1083 von dem arabischen Gelehrten Ibn AlAhitan (Ibm Al-Haithan) erkannt: Die Lochkamera. Je kleiner deren Loch ist, desto weniger Streustrahlung stört das Bild, desto schärfer (und dunkler) wird es. Das Abbild erscheint um 180° gedreht. 1460 beschrieb Leonardo da Vinci die Funktion des Auges als auf dem gleichen Prinzip basierend.

Die Camera Obscura wurde schon früh für naturgetreue Malerei eingesetzt, indem halbtransparentes Papier als Mattscheibe benutzt wurde.

 

Die Laterna Magica basiert auf der Umkehr des gleichen Prinzips und ist ein einfacher Projektor, der entweder Glasmalereien durchleuchtet oder ein Motiv beleuchtet.

1589 führte G. Della Porta eine Sammellinse ein, die eine Steigerung von Helligkeit und Schärfe des Bildes ermöglichte.

1837 gelang es Daguerre erstmals, das Abbild einer Camera Obscura chemisch festzuhalten. Erstaunlicherweise wurde Mitte des 19.Jahrhunderts auch erstmals mit stereoskopischen Aufnahmen gearbeitet, die vor allem auf Jahrmärkten gezeigt wurden.

Der Weg zum bewegten Bild wurde durch die Entdeckung der sogenannten stroboskopischen Täuschung geebnet: 1868 entdeckte Linnett das Prinzip des Taschenkinos, 1877 zerlegte Mulbridge den Galopp eines Pferdes in Einzelbilder.

Auch die Projektion machte Fortschritte:1882 stellte Renault erstmals einen bemalten Gelatinefilm her, 1887 entwickelte Anschütz seinen Stroboskoplicht-Projektor.

Bereits 1893 stellte Edison einen perforierten 35mm Film vor und 1895 konnten die Gebrüder Lumiere und W. Latham die ersten Kameras vorstellen, die einen sauberen Bildstand bei Aufnahme und Vorführung, sowie eine hohe Bildwiederholrate garantierten. 1895 war in Berlin die erste öffentliche Filmvorführung durch Skladanowsky.

Um die Jahrhundertwende tauchten dann bereits die ersten handcolorierten Streifen auf. 1930 entwickelte Technicolor den ersten Farbfilm (mit 3 Farbschichten bedruckt), und zu dieser Zeit erschienen auch die ersten Tonfilme.

 

Als der Film noch in den Kinderschuhen steckte, waren die klassischen Theatertricks schon bedeutend weiter: Abend um Abend stürzte der Tempel bei "Samson und Deliah" ein (Mock-Ups), waren prächtige Kostüme und Masken gefragt, wurde das Publikum mit Pyrotechnik und Lichteffekten beeindruckt. Einer der herausragendsten Bühnentricks waren aber die Phantasmagorien: eine im 45° Winkel vor der Bühne befestigte Glasscheibe erlaubte es, Darsteller im Bühnenuntergrund in die Handlung einzublenden. Hierzu mussten Untergrund und Ambiente möglichst dunkel und der den Darsteller anstrahlende Scheinwerfer möglichst hell sein, um einen ausreichenden Kontrast zu gewährleisten. Es gab verschiedene Arten von Phantasmagorien, auch mit einem zusätzlichem Spiegel (um die Frontansicht des "Geistes" zu erhalten) oder mit beweglichen Projektoren, die Glasmalereien in unterschiedlicher Grösse einblendeten.

Das einfache Prinzip der Phantasmagorien findet sich später noch bei der Ausspiegelung des Kamerabildes, der Aufprojektion oder dem Schüfftan-Verfahren.

 

2) Die Anfänge der Filmtricks

Die erste Mehrfachbelichtung wird Méliès zugeschrieben, der angeblich 1896 bei Aufnahmen in Paris den Film falsch spulte und so einen Bus in einen Leichenwagen blendete. Méliès machte sich in den folgenden Jahren eifrig daran, diesen Effekt zu nutzen um fantastische Geschichten zu erzählen, und erarbeitete so die Grundlagen für spätere Techniken wie Stopptricks (Film anhalten, etwas austauschen und dann weiterfilmen), einzelbildweise Animation, Mehrfachbelichtungen (Méliès spielt ein ganzes Orchester allein), Maskierungen zur Mehrfachbelichtung (Christus geht übers einkopierte Wasser), Vorsatzelemente (ein Aquarium mit Fischen in "20.000 Meilen unter dem Meer"), veränderte Aufnahmegeschwindigkeiten und klassische Effekte wie Pyrotechnik, Bühnenbau, Maske und andere Tricks aus seiner Zeit als Zauberkünstler. Er setzte schon früh ein Studio als Produktionsumgebung ein, arbeitete mit aufwendiger Beleuchtung (Gaslampen!) und plante seine Effekte im Voraus anhand von Storyboards.

 

3.) Die Meilensteine der Filmtricks - stumm und schwarz-weiss

3.1) In-Kamera-Tricks

Die Mehrfachbelichtung eines Filmes macht sich die Tatsache zu nutze, das der Film belichtet wird. Dort, wo Licht auf den Film trifft, reagiert das Material, wo nicht, bleibt der Film im ursprünglichen Zustand erhalten und kann, solange er nicht entwickelt wird, beliebig of neu belichtet werden. Wenn die Kamera stillsteht und der Film nicht überbelichtet wird, lassen sich schon beachtliche Effekte erzielen, doch die beste Wirkung erzielt man, wenn man nicht zu belichtende Bildbereiche verdeckt. Mittels Mehrfachbelichtung der gleichen Szene können, oft auf Kosten der Bildqualität, auch spezielle Beleuchtungseffekte erzielt werden. Eine Einstellung aus "Metropolis" zum Beispiel wurde nur um der Licht-Effekte 50 mal neu belichtet, und das bei gleichzeitigen Stop-Motion Tricks.

Bereits 1903 wurden abendfüllende Spielfilme mit kaschierten Bildteilen und Mehrfachbelichtungen realisiert. Guido Seeber erzeugte für "Der Student von Prag" einen Doppelgänger-Effekt, indem er eine Maske direkt vor der Kamera anbrachte. Dadurch war in der Bildmitte ein unscharfer Bereich, der einen weichen Übergang zwischen den Bildhälften ermöglichte. Paul Wegner spielte beide Hauptrollen, und die Übergänge sind praktisch nicht zu erkennen, da auch an die veränderlichen Lichtverhältnisse beachtet wurden. In den USA wurde im gleichen Jahr Edwin Porters "The Great Train Robbery" fertig, in dem aus einem Bahnhof heraus ein Zug bei der Einfahrt zu sehen ist. Dieser wurde in das schwarz ausgekleidete Fenster einkopiert.

Ein weiterer "In-Kamera"-Effekt war 1924 in Fritz Langs "Nibelungen" Filmen zu sehen: Wenn Siegfried die Tarnkappe auszieht und sichtbar wird, so ist das eine einfache Doppelbelichtung, einmal wurde der Hintergrund leer aufgenommen, und dann noch einmal (mit sich langsam öffnender Blende) mit dem Helden.

Aus dem Stopptrick entwickelte Willis O´Brien bereits 1914 die Stop-Motion Technik, in der Modelle und Figuren einzelbildweise animiert werden. 1917 wurde mit "Gertie" der erste Saurier der Filmgeschichte geboren, und 1925 kam dann "Lost World" heraus, der erste Film, in dem Stop-Motion-Dinosaurier und Menschen kombiniert waren, in "King Kong" von 1933 interagieren sie sogar.

Ebenfalls aus der Frühzeit des Kinos bekannt sind schließlich die Farb- und Filter-Effekte, bei denen das Bild optisch verfremdet wird (wie ein Kaleidoskop) oder eine andere Farbstimmung erhält. Eine bekannte Anwendung ist die "Day-for-Night"-Technik, die einen starken Blaufilter (rot für s/w-Filme) und bedachte Beleuchtung nutzt, um Nachtaufnahmen am hellichten Tag zu machen.

Weitere Kamera-Effekte waren Vorsatzmodelle und Glass-Shots, mit denen Bildkompositionen am Set möglich wurden. So wurden zum Beispiel in "Ben Hur" von 1926 die oberen Bühen und das riesige Tor als Modell realisiert und in 10 Meter Abstand von der Kamera aufgehängt, während die originale Bühne 40 Meter entfernt war. Vorteil von Vorsatzmodellen ist die identische Lichtsituation, allerdings ist der Unterschied in der Bildschärfe problematisch. Gleiches gilt für den Glass-Shot, bei dem einfach durch eine bemalte Glasscheibe gefilmt wird. Schon 1905 setzte z.B. Norman Dawn diese Technik in der Photographie ein, 1907 auch im Film. Aufgrund der kontrollierbareren Ausleuchtung wurden Glass-Shots hauptsächlich bei Studio-Aufnahmen eingesetzt.

Eine weitere Technik zur Bildkomposition beim Dreh war die Einspiegelung eines Modells, 1923 von Eugen Schüfftan entwickelt und z.B. in den "Nibelungen"-Filmen eingesetzt. Ein Spiegel, der im 45° Winkel zur Kamera steht, reflektiert ein Miniaturmodell, die Komposition wird erreicht, indem Bereiche des Spiegels abgekratzt werden. Durch den kurzen Abstand zwischen Spiegel und Kamera wurde ein weicher Übergang zwischen Original und Modell erreicht.

Weitere Effekte setzen in der Postproduktion ein: Durch Zugabe von Silbernitrat im Entwicklungsprozess entwickelte Frank D. Williams 1927 als erster eine Schwarz-Weiss-Maske aus einer Aufnahme, indem er den Kontrast stark erhöhte (der Darsteller musste vor Weiss aufgenommen werden). Das war die Grundlage für die sauberen Compositings in "King Kong" und anderen Filmen.

Für den Farbfilm wurde das Williams-Verfahren anfangs unverändert übernommen, doch schon bald nutzte man Farbfilter, um den Film in einzelne Farbkanäle zu zerlegen und aus diesen Kopien die Masken zu gewinnen. Für komplexere Maskierungs-Effekte kann man auch auf das Rotoscoping zurückgreifen, bei dem die Masken per Hand gezeichnet werden.

Eine Weiterentwicklung des Glass-Shot ist das Matte-Painting, bei dem Bildabschnitte ebenfalls durch eine Glasmalerei ersetzt werden, das Compositing allerdings in einem optischen Kopierer (auch Bi-Pack-Kamera genannt) wie beim Williams-Verfahren stattfindet: Die Perforation der Filme ermöglicht es, Masken und Filmmaterial standgenau auf einen neuen Film zu kopieren, alle so freigestellten Elemente könne dann im letzten Vorgang auf einen endgültigen Film ausbelichtet werden. Diese Technik ermöglichte auch erstmals Zeichentrick-Effekte wie Laserstrahlen oder Triebwerksflammen, die man als Negative malte und diese Positive dann mit den Original-Negativen ausbelichtete.

 

Mechanische Tricks, Set-Bau und Studiotricks

Wie eingangs erwähnt, waren Bühnenbau, mechanische und pyrotechnische Effekte schon im Theater weit entwickelt. Der Film setzte allerdings, wie bei der Maske, andere Ziele voraus: Realismus statt Ökonomie. Eine Kompromiss daraus können sogenannte Mock-Ups sein, lebensgrosse Bauten wie die Mauer in "King Kong" oder das Bates-Haus in "Psycho", die ihren Vorbildern in Grösse und Gestalt ebenbürtig sind, allerdings nur Fassade sind.

Der normale Set-Bau ist meist nur eine Ergänzung zu anderen Tricktechniken, da sich nur wenige Regisseure umfangreiche Bauarbeiten (Waterworld, Abyss) leisten können.

Ebenfalls aus dem Theater bekannt waren riesenhafte bewegliche Gestalten, die von mehreren Bühnentechnikern über Seilzüge wie Marionetten bewegt wurden. Im Film fand diese Technik erstmals 1912 in Méliès "La Conquete du Pol" für einen Eisriesen Verwendung.

Das erste echte Animatronic war dann 1924 in dem ersten "Nibelungen" Film von Fritz Lang der tonnenschwere, von mehreren Personen im Inneren gesteuerte Drachen aus Eisenträgern, Holz und Gummi.

Eine weitere Technik der Set-Gestaltung ist die sogenannte "forced perspective", Kulissen werden mit einer starken perspektivischen Verkürzung gebaut, um so mit geringem räumlichen und materiellem Aufwand gewaltige Dimensionen darzustellen. In Wienes "Kabinett des Dr.Caligari" von 1919 wurde diese Technik mittels expressionistischer Hintergrundmalerei und verquerer Bauten am innovativsten umgesetzt, um albtraumhafte Bilder zu schaffen.

Das eingeschränkte Blickfeld einer Kamera machen sich schließlich sogenannte "Rocker Units" zunutze. Sie schaukeln an den Kulissen, um Stürme auf hoher See oder Erdbeben zu simulieren, wenn eine verwackelte Kamera allein nicht reicht. Rotierende Sets mit fest montierter Kamera sind spätestens seit 1950 bekannt, als Fred Astaire in "Royal Wedding" die Wände hochtanzte.

Wenn keine Schauspieler in dem Bild benötigt sind, kann eine Miniaturlandschaft ausreichend sein. Die riesigen Strassenschluchten in "Metropolis" z.B. waren nur Modellbauten, die darüber hinaus in "forced perspective" gebaut wurden und mit Stop-Motion-Verkehr gefüllt waren. Wenn nun aber Feuersbrünste oder Sintfluten das Miniatur-Set heimsuchen sollen, so sind begabte Pyrotechniker oder Stop-Motion-Animatoren gefragt.

Einfachste Set-Erweiterungen sind schließlich Rück- oder Aufprojektionen, in denen die Darsteller nur vor minimaler Kulisse und einer Leinwand agieren. Die Rückprojektion ist bereits 1913 erfunden worden, wurde allerdings erst später möglich, als stärkere Lichquellen verfügbar waren. Ein frühes Beispiel ist in "Metropolis" zu finden, wenn ein "Visaphon" (Bildtelefon) simuliert wird, allerdings wurde sie erst mit dem Tonfilm (und dem damit verbundenen Taktgeber) mit vertretbarem Aufwand möglich, da eine Synchronisation von Kamera und Projektor für ein sauberes Bild unabdingbar ist. Eine andere bekannte Aufnahme, der oft eine Rückpro angedichtet wird, ist die von Harold Lloyd in "Safety Last", doch in Wirklichkeit wurde 3 Stockwerke tiefer ein Gestell mit Matratzen befestigt !!! Ende der 30er Jahre waren dann schallisolierte, gut gekühlte Hochleistungsprojektoren für den Studiobetrieb verfügbar, allerdings ist der qualitative Unterschied von Projektion und Vordergrund bis heute nicht eliminiert: Die abfallende Helligkeit der Projektion zum Rand hin macht nur einen kleineren Ausschnitt in der Mitte der Leinwand nutzbar.

Ableitung der Rückpro ist die Aufpro, und wurde erst in den 50er Jahren durch die Erfindung des stark reflektierenden "Scotchlite"-Materials (3M) möglich (95% des Lichts werden reflektiert). Die Schauspieler bewegen sich vor einer Leinwand aus diesem Material und werden mit dem Hintergrund beleuchtet, Studiolampen eliminieren die Projektion auf den Darstellern. Um die Schatten auf der Leinwand zu umgehen, wurde schließlich auf einen halbdurchlässigen Spiegel vor der Kamera zurückgegriffen, der das Bild auf dem gleichen Weg projezierte den das Licht letzlich in die Kamera nahm. Dieser beachtliche Mehraufwand wird durch bessere Bildqualität gerechtfertigt, Einsatzgebiete waren zum Beispiel der Prolog der Affen aus "2001" (1968), und, in Verbindung mit synchronisierten Zooms von Kamera und Projektor (sg. Zoeptic-Effekt) "Superman I" (1978).

Eine Variation der Aufpro ist das "Introvisions"-Verfahren: Ein detailliertes Miniaturmodell wird auf einen groben Bühnenaufbau projeziert, damit sich Schauspieler im Modell bewegen können (zu sehen in "Outland" mit Sean Connery, 1981). Diese Technik wird unter der Bezeichnung "projection-mapping" auch in der Computeranimation eingesetzt, z.B. in "Matrix", um den Detailgrad der Realität mit vergleichsweise geringem Aufwand zu übernehmen und "unmögliche" Aufnahmen zu erzielen.

 

 

 

Masken und Makeup

Die Maske ist der älteste aller Special-Effects. Schamanistische Kulte, griechische Dramen und japanisches Theater, alle benutzten Masken. Der Film benötigte allerdings andere, realistischere Masken, die noch dazu das Spiel des Darstellers nicht behindern durften und auch einem Close-Up standhalten mussten.

Der erste professionelle "Maskenbildner" war gleichzeitig auch Drehbuchautor, Regisseur und Schauspieler, und der erste Star des Horrorfilms: Lon Chaney, "the man of a thousand faces". Von 1913 bis zu seinem Tod 1930 wirkte er an 156 Filmen mit, doch da Nebenrollen und Maskenbildner seinerzeit noch nicht unbedingt im Abspann gewürdigt wurden, geht man von über 200 Filmen aus. Die meisten waren die typischen Kurzfilme seiner Zeit, doch später kamen auch mehrere abenfüllende Spielfilme dazu. Der Quasimodo in der ersten Verfilmung von 1923 machte ihn zum Star, das "Phantom der Oper" (1925), den Vampir in "London after Midnight" (1927) und viele andere Rollen folgten. Er brachte es darüber hinaus fertig, der erste fest angestellte Maskenbildner der Universal Studios (angeblich mit einem Gehalt von 2500 Dollar die Woche !) zu sein und den Übergang zum Tonfilm mit Bravour zu überstehen.

Der deutsche Film forderte ebenfalls eine Vielzahl Masken. Bekannteste Beispiele sind wohl Wienes "Kabinett des Dr.Calligari" (1919), die drei Fassungen des "Golems", in denen Drehbuchautor und Regisseur Paul Wegener auch den Golem entwarf und spielte (bekannteste Version von 1920) und Murnaus "Nosferatu-Symphonie des Grauens" (1922).

1928 begann dann die Maske, sich in Richtung Action-Prop zu entwickeln: In Bunuels/Dalis "Der Andalusische Hund" wird, verblüffend echt, im Close-Up gezeigt, wie eine Rasierklinge in ein Auge schneidet.

1931 wurde dann zum ersten Mal eine Verwandlung in geschickten Schnitten und Überblendungen illustriert: In Rouben Mamoulians "Jekyll & Hyde" wechselte Frederic March in 5 Stufen die Gesinnung. Ferner führte dieser Film auch die subjektive Kamera (mit Vorsatzelement) und den Splitscreen ein, und setzte auch eine zweite Tonspur ein, um die Gedanken des Protagonisten höhrbar zu machen.

Ebenfalls 1931 kam Boris Karloff als das "Frankenstein"Monster zu Ruhm. Obwohl grössere Neuerungen ausblieben, ist doch die Dokumentation des Make-Ups beachtlich, da Lon Chaney und andere ihre Techniken als Berufsgeheimnis betrachteten: Es wird zum Beispiel erwähnt, dass das Entfernen der Maske zwischen ein und zwei Stunden dauerte und den ausgiebigen Gebrauch von Säuren ( Essig ? ) erfordete: Bei sechs Drehtagen die Woche eine echte Strapaze!

Ein letzter Meilenstein der Maskenbilderei war wohl Perc Westmores Quasimodo-Maske für Charles Laughton in dem 1939er "Glöckner von Notre Dame" Remake. Das rechte, künstliche Auge wurde feinmechanisch am echten Auge befestigt, um die Synchronität des Blinzelns zu garantieren.

Heute werden Masken oft mit Animatronics kombiniert (Alien, Predator, Total Recall, The Relic), sind reine Action-Props, die von Stuntmännern getragen werden ("Zombie"-Köpfe), oder sind nur recht einfache Masken, um Hauptdarsteller altern zu lassen (Little Big Man, 2001). Und selbst wenn sie nicht so plump eingesetzt werden wie in "Man-in-Suit"-Filmen á la Godzilla (1955) oder Gamera (1998) gehören sie doch zu den FX mit der besten Kosten/Nutzen-Relation, nicht zuletzt wenn ein begabter Schauspieler dahinter steckt.

 

grösser, bunter, besser...Farbfilme auf dem Weg zu tricktechnischer Perfektion

1954 König der Animatronics: 40 Leute bedienen den Tintenfisch aus "20.000 Meilen unter dem Meer"
1963 "Jason and the Argonauts" Stop-Motion-Skelette kämpfen mit Rückpro-Schauspielern
1968 Masken: Die Affenkostüme in 2001 konnten echte Affen säugen (!)
1972 "Westworld" erster Computer-3D-Effekt: ein rotierender Wireframe
1975 Kubricks "Barry Lyndon" - erste echte Kerzenbeleuchtung einer Szene
1976 Matthew Yurich bekommt den Oscar für das "entspiegeln" eines Hochhauses in "Logan´s Run" (Matte-Painting)
1976 "King Kong": Carlo Rambaldi baut das grösste Animatronic aller Zeiten, einen 27-Meter-Kong
1977 "Close Encounter with a third kind" - erstes (nur halb-automatisierte) Motion Tracking
1979 Spielbergs "1941":mechanische Effekte in Perfektion und rohen Mengen: Riesenräder rollen, ein Haus stürzt eine Klippe runter u.v.a.
1979 "Alien" echte Laser-Effekte
1979 "The Black Hole" - erste computergesteuerte Kamera, um 7 Realszenen mit einem matte-painting zu verbinden
1981 "Clash of the Titans": Ray Harryhausen haucht der Stop-Motion-Medusa Leben ein
1981 "Dragonslayer":Go Motion bring Motion-Blur in den Drachen
1981 "Wolfen": Wolf-Subjektive in der Grosstadt, elektronische Verfremdung
1982 ein ganzer Film in Puppentrick: "Der Dunkle Kristall"
1987 "Predator". Red Suit, Rotoscoping-Masken und mehrere Linsen erzeugen einen Tarnanzug

 

Quellen:

Cinema-Bücher "Die Tricks","Geheim","Hinter den Kulissen"

"Sacred Monsters - behind the mask of the horror actor", Dough Bradley, Titan Books

Claudia Menglins Artikel in der "digital production" 2/99, 3/99, 4/99, 1/00